Chronik Carnevals-Club Binswanger Boschurle
Die Faschingschronik von Binswangen – Wie aus Geschichte Narretei wurde
Es war einmal, in den sanften Hügeln zwischen Neckar und Sulm, ein kleines Dorf namens Binswangen, das um die gleiche Zeit wie das benachbarte Erlenbach im frühen Mittelalter seine Wurzeln schlug. Während die Franken Erlenbach gründeten, waren es die Alemannen, die Binswangen Leben einhauchten. Über die Jahrhunderte wandelten sich die Herrschaften – von den Herren von Weinsberg über Kurmainz bis hin zum Deutschen Orden – doch der Geist der Menschen in diesen beiden Orten blieb stets derselbe: zäh, herzlich und mit einem guten Schuss Humor.
Als sich im Jahr 1935 Binswangen und Erlenbach vereinigten, waren es nicht nur Verwaltung und Gemeindegrenzen, die zusammenfanden – es war auch der Beginn einer gemeinsamen Geschichte voller Lebensfreude. Doch erst nach den düsteren Jahren des Zweiten Weltkriegs begann ein neues Kapitel: die Rückkehr zur Geselligkeit, zum Lachen, zur Narretei.
In der Nachkriegszeit, als sich das Leben langsam wieder normalisierte und das Geld wieder etwas wert war, fanden sich die Menschen erneut zu Musik und Sport zusammen – und auch der Fasching, diese uralte Tradition des ausgelassenen Feierns, klopfte wieder an die Tür. 1951, so berichtet man, schweißten ein paar findige Binswanger zwei alte Motorräder zu einer waschechten Faschingslokomotive zusammen. Unter der Leitung von Seppl Hirnstein und Rudolf Zartmann tuckerte dieses Ungetüm – begleitet von der Blaskapelle des Musikvereins Binswangen (MVB) – schnurstracks nach Neckarsulm. Dort sorgten die Binswanger für staunende Augen, lachende Münder und einen bleibenden Eindruck: Der Binswanger Fasching war wiedergeboren.
Es blieb nicht bei dieser einen Aktion. Schon bald war der obligate Faschingsball wieder fester Bestandteil des Dorflebens. 1956/57 formierte sich der erste Elferrat unter Klaus Meißberger. Ein Jahr später wurde mit Liane Limbach und Reinhold Ester das erste Prinzenpaar gekrönt – der Beginn einer bis heute ununterbrochenen Tradition. Besonders legendär war der Rosenmontagssturm 1958: Mit Holzgewehren, Feuerwehrhelmen und sogar einer selbstgebauten Holzkanone marschierte man – musikalisch untermalt vom MVB – auf das Erlenbacher Rathaus zu und setzte es symbolisch in Narrenhand.
Mit der Einweihung der Sulmtalhalle 1964 war der Fasching endgültig im Ort verwurzelt. Prunksitzungen, meisterlich vorbereitet und durchgeführt von Fred Herold und Seppl Bendeich, lockten Scharen von Zuschauern – ein echtes „Klein Mainz“, wie die Heilbronner Stimme schrieb.
1976 schloss man sich dem Landesverband Württembergischer Karnevalsvereine und dem Bund Deutscher Karneval an – ein weiterer Meilenstein. Doch als das Finanzamt 1980 mahnte, die Karnevalisten könnten dem Musikverein die Gemeinnützigkeit kosten, wurde eine Entscheidung nötig.
Die Lösung? Eine eigene Bühne für das närrische Treiben. So wurde im selben Jahr der Carneval-Club Binswanger Boschurle (CCBB) aus der Taufe gehoben – benannt nach dem liebevollen Spottnamen „Buschurle“, der den Binswangern aus alten Zeiten geblieben war. Eugen Klein führte die Gründungsversammlung an, später folgten Günter Breitling, Kurt Geiger, Wolfgang Scholl – und seit über 13 Jahren führt Robert Schübel mit Herzblut und Humor den Verein durch die fünfte Jahreszeit.
Heute ist der CCBB weit mehr als nur ein Karnevalsverein – er ist ein Stück Heimat, ein Hort der Gemeinschaft und ein Symbol dafür, dass aus Geschichte nicht nur Wissen, sondern Lebensfreude entstehen kann. Denn wer den Fasching in Binswangen miterlebt hat, der weiß: Hier schlägt das Herz der Narretei – laut, bunt und voller Liebe zur Tradition.
Hellau!